**Thermisches Entgraten** (auch **TEM-Verfahren**, von englisch *Thermal Energy Method*) ist ein Verfahren zur Entfernung von Graten und unerwünschten Materialresten an Werkstücken, die während der Fertigung, insbesondere beim Stanzen, Fräsen, Bohren oder Gießen, entstehen können. Dabei werden Grate und überschüssige Materialreste durch einen kurzzeitigen, intensiven Wärmeeinfluss verbrannt. Dieses Verfahren findet vor allem in der Automobil-, Luftfahrt- und Maschinenbauindustrie breite Anwendung.
### Funktionsweise des thermischen Entgratens:
Das thermische Entgraten basiert auf einer kontrollierten Verbrennung von Graten und Materialresten durch die Einwirkung eines explosiven Gasgemisches. Der Prozess erfolgt in einer speziellen Kammer, in der das Werkstück platziert wird. Das Verfahren läuft in folgenden Schritten ab:
1. **Einlegen des Werkstücks in die Kammer**: Das zu entgratende Bauteil wird in eine Druckkammer eingelegt. Diese Kammer ist druckfest und speziell für den Entgratprozess ausgelegt.
2. **Einleiten eines Gasgemisches**: In die Kammer wird ein brennbares Gasgemisch, üblicherweise bestehend aus **Sauerstoff** und einem **Brennstoffgas** (wie Methan oder Wasserstoff), eingeleitet.
3. **Zündung des Gasgemischs**: Das Gasgemisch wird gezündet, wodurch eine Explosion entsteht. Dabei wird die Temperatur kurzzeitig auf etwa 2.500 bis 3.300°C erhöht.
4. **Gratentfernung durch Verbrennung**: Die Grate und Überstände am Werkstück, die aufgrund ihrer geringen Masse eine große Oberfläche besitzen, entzünden sich durch die hohe Temperatur und verbrennen schnell. Das Grundmaterial des Werkstücks bleibt unversehrt, da die thermische Energie nur auf die kleinen Grate wirkt.
5. **Abkühlung und Entnahme des Werkstücks**: Nach der Zündung wird das Werkstück abgekühlt und kann aus der Kammer entnommen werden. Zurück bleiben saubere, entgratete Werkstücke.
### Vorteile des thermischen Entgratens:
1. **Effizienz**: Das Verfahren kann in einem sehr kurzen Zeitrahmen (oft nur wenige Sekunden bis Minuten) Grate entfernen, selbst an schwer zugänglichen Stellen, die mechanisch nur schwer erreichbar wären.
2. **Bearbeitung komplexer Geometrien**: Da die Verbrennung alle Grate auf einmal erfasst, können auch Werkstücke mit komplexen Formen und inneren Hohlräumen gleichmäßig entgratet werden.
3. **Vollständige Gratentfernung**: Besonders geeignet für Bauteile mit zahlreichen kleinen Graten, wie sie beim Fräsen, Bohren oder Gießen entstehen.
4. **Wirtschaftlichkeit**: Insbesondere bei großen Stückzahlen oder komplexen Bauteilen, die schwer manuell zu entgraten sind, kann das thermische Entgraten kosteneffizienter sein.
### Grenzen und Herausforderungen:
- **Materialkompatibilität**: Das Verfahren eignet sich vor allem für metallische Werkstoffe wie Stahl, Aluminium und Zink. Kunststoffe oder wärmeempfindliche Materialien sind in der Regel nicht für das thermische Entgraten geeignet.
- **Oberflächenveränderung**: Obwohl das Grundmaterial des Werkstücks in der Regel nicht beeinträchtigt wird, kann es bei empfindlichen Oberflächen zu minimalen Veränderungen kommen. Dies ist besonders bei Werkstücken mit engen Oberflächentoleranzen zu beachten.
- **Gasverfügbarkeit und Sicherheitsanforderungen**: Das Arbeiten mit explosiven Gasen erfordert strenge Sicherheitsmaßnahmen, und die Verfügbarkeit und Handhabung der Gase können Kostenfaktoren darstellen.
### Typische Anwendungen:
- **Automobilindustrie**: Thermisches Entgraten wird häufig zur Bearbeitung von Bauteilen wie Einspritzdüsen, Ventilgehäusen, Bremssystemen oder Getriebeteilen eingesetzt.
- **Hydraulik- und Pneumatikkomponenten**: Ventile, Kolben und andere Teile mit engen Toleranzen und Hohlräumen, bei denen Grate zu Funktionsstörungen führen könnten, profitieren von diesem Verfahren.
- **Luftfahrtindustrie**: Hier kommt es auf höchste Präzision und Gratfreiheit an, weshalb thermisches Entgraten zur Vermeidung von Materialfehlern und Funktionsbeeinträchtigungen eingesetzt wird.
### Zusammenfassung:
Das **thermische Entgraten** ist ein schnelles und effizientes Verfahren zur Entfernung von Graten, besonders bei komplexen Bauteilen und schwer zugänglichen Stellen. Es bietet zahlreiche Vorteile gegenüber mechanischen Entgratverfahren, ist jedoch auf bestimmte Materialien und Anwendungen beschränkt. Dank der gleichmäßigen und schnellen Bearbeitung findet es insbesondere in der Serienfertigung Anwendung, wo hohe Qualitätsanforderungen und wirtschaftliche Effizienz gefragt sind.